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Volker Andresen befaßt sich in seiner Arbeit für die "Verborgenen Gärten" mit Gestaltungsvorstellungen im Zusammenhang von Garten und Haus. In eine Baulücke am Spiegelberg 33, die von der Stadt Wismar mit einem Holzzaun umgeben wurde, baute Andresen einen kleinen Innenraum, der nach oben hin offen bleibt. Diese 180 x 180 x 180 Zentimeter umschließende Zelle besteht aus Bambus-Sichtschutzelementen und besitzt einen kleinen Vorraum oder Gang. Betritt man diesen "pseudo-japanischen Gartenraum" (1), so stößt man zunächst auf eine Schuhbank, auf der ein eigenartiges Paar Schuhe steht: Es sind Schuhe mit Nägeln unter der Sohle, die man zum Belüften von Rasenflächen verwenden kann. Im Inneren des Raumes hat Andresen Rasenplatten in Herzform ausgelegt. Mit seiner Arbeit entwickelt der Künstler im Zentrum von Wismar einen anspielungsreichen Architektur- und Garten-Hybriden, der Natur-, Religions- und Alltagsvorstellungen verschiedener Kulturen miteinander verbindet und dabei doch vor allem ironisch, absurd und paradox argumentiert: Was soll zum Beispiel das Herz aus Gras bedeuten? Ist es vielleicht ein Hinweis darauf, daß das kleine Haus ein "Stilles Örtchen" sein will oder sollen sich Liebespaare auf dem Grün vergnügen? Ebenso die Schuhbank mit den Nagelschuhen: Will der Künstler daß man sie anzieht und die Rasenfläche belüftet, sollen die Besucher des Ortes sich - so wie in Japan üblich - ihre Schuhe ausziehen bevor sie den Raum betreten? Chimärenhaft ist auch der Ort des Geschehens, denn es handelt sich bei der Baulücke doch eigentlich um einen öffentlich zugänglichen Raum, der jetzt gleich zweimal eingezäunt ist und somit durchaus Attribute von privatem Grund besitzt. Volker Andresen persifliert mit seiner skulpturalen Arbeit gängige Umgangsformen und Rituale rund um den Garten. Er entlarvt dabei die Rituale der Gartenpflege als höchst eigenartig und absurd. Indem er Muster und Verhaltensformen unserer Kultur isoliert und sie aus der Perspektive eines Künstler-Ethnologen aufgreift, versieht er sie mit neuer Bedeutung und unbekanntem Sinn. Auf diese Weise gelingt ihm eine ironische Infragestellung gesellschaftlicher Konventionen, er ermöglicht uns aber auch eine unvermutete Wahrnehmung des oft unhinterfragt Hingenommenen in unserer Wirklichkeit. (Peter Funken)
(1) Volker Andresen in einem Text zu seiner Arbeit, 2002