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Vom Eingangsgebäude aus ist Ivan Kafkas "Raum der Freiheit" die erste sichtbare Installation auf dem Gelände der Gartenschau: Auf flach ansteigender Wiese und nicht weit entfernt vom künstlichen See, an einem Platz also, wo der Wind in langer Strömung atmet, hier ist die mehrteilige Arbeit aus 35 weiß-orange gestreiften, meteorologischen Windhosen aufgebaut. lvan Kafka besitzt eine doppelte Ausbildung als Bildender Künstler und Meteorologe. Die Verbindung von Kunst und Natur prägt die Arbeitsweise des Künstlers, wie unterschiedlich die Arbeiten auch sein mögen. Häufig sind seine Installationen von der gestalterischen Verwendung industriell vorgefertigter Teile bestimmt. Die Wirkungsebene des Ready Mades, des bereits bestehenden Objekts oder industriellen Produkts mit seinen formalen als auch inhaltlichen Assoziationsmöglichkeiten, ist ein bevorzugtes Arbeitsfeld des in Prag lebenden Künstlers. Mit meteorologischen Windhosen als Zeichen und Symbolen unserer Kultur und Umwelt setzt sich der Künstler bereits seit Mitte der 70er Jahre künstlerisch auseinander. Im Unterschied zu anderen Werken mit Windhosen ruft die Installation keine Irritation in der Auseinandersetzung mit den vorgefundenen Gegebenheiten hervor, sie stellt die Umgebung nicht in Frage, sondern sie konzentriert diese in einer räumlichen Konstellation. Die Arbeit steht zu ihrer Umgebung in einem analogen Verhältnis. Die hohen Ständer zeigen sich als unmittelbares Pendant zu den Fahnenstangen des Eingangsbereichs und der Stoff der Windhosen entspricht (zufälligerweise) den Signalfarben der Gartenschau. Zwar signalisieren die Senkrechten eine besondere Aufmerksamkeit für den bestimmten Ort und doch laden sie nicht zu einem Einstieg in den Rundweg ein. Auf der rechten Seite des Weges schwingt sich die Windhosen-Gruppe in loser, unregelmäßiger Formation die Böschung hinauf. Der Blick des Vorbeigehenden nimmt die Aufwärtstendenz der Installation auf und wird so sukzessiv auf die Höhenlinie gelenkt. Ivan Kafka läßt seine Installation in eine aufschlußreiche Wechselbeziehung zum Ort und zu seiner Topographie mit dessen spezifischer Eigenart und Geschichte treten. "Raum der Freiheit" heißt die Arbeit. Dieser Titel mag etwas irritieren. Einerseits nimmt er Bezug auf den raumöffnenden Charakter der landschaftlichen Situation, andererseits weist er leicht ironisch auf die frühere Funktion des Ortes als russisches Militärgelände hin. Dem in der Senke stehenden Betrachter vermittelt die Installation einen Eindruck von der Dynamik und die Assoziation an aufgestellte Fahnen, die zurückerobertes Gebiet markieren. Doch erschließt sich "Raum der Freiheit" nicht allein aus einem einzigen Standort und aus einem einzigen Zeitpunkt. Die Arbeit ist von verschiedenen Stellen des Geländes zu sehen und reagiert auf Windschwankungen. Aus diesen unterschiedlichsten Bedingungen des ästhetischen Erlebens resultiert eine Ambivalenz in der Werkerfahrung. Die Windhosen sind zwar aufgerichtet und doch zur Seite geneigt, sie sind zwar an ihren Stangen steil in den Himmel gestoßen und doch oft aus der Senkrechten heraus. Sie bilden zusammen ein bewegtes Ensemble von plastischen Gebärden, die alle auf ein Oben zielen und es nicht erreichen. Obwohl sich die Installation in ihrer Offenheit einer eindeutigen Sichtweise entzieht, erinnert sie an diesem Ort und mit der Einbeziehung der Naturkräften an das Schicksalhafte des menschlichen Daseins, an seinen Freiheitsdrang und dessen Behinderung, an das Bedürfnis nach unbedingter Entfaltung und deren Einengung. (Annie Bardon) |